Hungarian Notation is always a great sign of bad code
Remy Porter im Daily WTF
Hungarian Notation is always a great sign of bad code
Remy Porter im Daily WTF
Den Rücken mit immer schwererer Last beladen, die Beine versinken immer tiefer im braunsten Schlamm, wird er von Hartz Fear, der staatlich geforderten und geförderten nackten Existenzangstpeitsche in Deutschland getrieben: der, der die Arbeit tut, die grobe Arbeit im Sinne von Kraft mal Weg. Und während er für wenig Geld und noch weniger persönliche Aussicht schwitzt und seiner sicheren Altersarmut unter der Willkürfuchtel bundesdeutscher Behörden entgegentaumelt, darf er sich aus den Mündern der Journalist:innen aller Blätter und Sender und aus den Sprechblasen der Politiker:innen aller Parteien und parteinahen Stiftungen anhören, dass er Abschaum ist, der letzte stinkende Dreck, ein ungebildetet Kerl, der sich erst einmal »richtig bilden« sollte, statt sich allfeierabendlich erschöpft ein bisschen Ablenkung von seinem entgangenen Leben zu holen; sich richtig bilden, bevor er sich getraut, auch nur noch ein Wort zu sprechen, ein Wort aus seiner täglichen Wahrheit, die er gleißendklar unter der sengenden Sonne erlebt, wieder und wieder und wieder erlebt. Es ist kein Wunder, wenn es Verachtete und Beschimpfte zu »Alternativen« zieht, die erfolgreich vorgeben, sie weniger zu verachten, sondern es ist nur logisch – eher schon erstaunt es, dass es nicht täglich zu größeren offenen Ausbrüchen einer groben Gewalt kommt, die nur ein Spiegelbild derjenigen Gewalt wäre, die feiner, subtiler und verdeckter jeden verdammten Tag gegen diejenigen ausgeübt wird, die diese Zivilisation mit ihrer Arbeit erst ermöglichen, während die Nutznießer dieser Arbeit sich mit verschränkten Fingern als Leistungsträger inszenieren.
Immerhin wählt er nicht mehr so oft die SPD, er, der die Arbeit tut. Sage also niemand, dass er nicht wissend und lernfähig ist, der Entrechtete und Geknechtete, der immer noch die Arbeit tut.
So lange es kein breites Bündnis zum Schutz von Menschen gibt, das kompromisslos eine artgerechte und halbwegs würdevolle Behandlung und Unterbringung von Menschen einfordert, so lange könnt ihr die viel abstrakteren Umwelt- und Klimaprobleme vergessen. Die, denen es gleichgültig ist, sagen keineswegs »Nach uns die Sintflut«, nein, sie wurden längst schon von der Sintflut hinfortgerissen und treiben im persönlichen Nichts. Es ist die »Gleichgültigkeit« eines Ertrinkenden, der um sein Leben ringt, wenn man ihm von der Geometrie erzählen will.
Und das vielleicht Schlimmste daran: Diese scheinbar Gleichgültigen haben in ihrer scheinbaren Gleichgültigkeit recht, denn die Menschheit hat in ihrer Dummheit längst beschlossen, alles Brennbare auch anzuzünden, es ist ja so ein gutes Geschäft für die Krämer und macht so viel Wachstum für den wachsenden Krebs des Geldhandels. Dass es für ihn, der die Arbeit tut, Wichtigeres gibt, erstaunt einen Menschen von Verstand genau so wenig wie die Tatsache, dass er sich weigert, auch diese eine Rechnung noch mit seinem dahinwelkenden, einmaligen Leben zu bezahlen.
Quelle des Plakates mit dem Sklavenausverkauf: Wikimedia Commons, Lizenz: Public Domain, in diese Freiheit veröffentlicht vom Florida Memory Project. Danke!
Ich bin hin und wieder mit dem Einwurf konfrontiert, äußerst polemisch und mit beschimpfendem Ton über meine lieben Mitverkehrsteilnehmer in ihren Autos zu sprechen und zu schreiben. Und ich gebe es zu: Begriffe wie »Motorhenker« für Autofahrer und »Lizenz zum Vergasen« für einen Führerschein sind nicht gerade freundlich und erst recht nicht sachlich.
Es hat einen Grund, dass ich so schreibe.
Es liegt daran, dass ich ebenfalls Verkehrsteilnehmer bin. Ich bin Radfahrer und bewege mich täglich durch den Stadtverkehr. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht mindestens ein Mal nur knapp einem schweren Unfall entkomme, bei dem der Autofahrer nur marginalen Schaden an seinem heiligen Blech, ich allerdings einen ernstzunehmenden Lasttest für meine rd. 210 Knochen bekäme. Und nein, ich fahre weder besonders schnell noch riskant. Eben gerade zum Beispiel, als ich in Hannover-Linden durch die Ottenstraße fuhr, öffnete eine Autofahrerin – natürlich, ohne in den Spiegel zu schauen und auch ohne mal kurz über die Schulter zurückzuschauen – ihre Fahrertür in Richtung Fahrbahn vor mir, damit ich verunfallt werden kann und am eigenen Leib erlebe, was es mit dieser ominösen Impulserhaltung auf sich hat. Zum Glück habe ich die Handbewegung gesehen und konnte einen schnellen Schlenker machen (der ebenfalls zum Glück auch nicht zu einem Unfall führte, weil ich in anderen Verkehr geriet), sonst würde ich jetzt vermutlich nicht diesen Text tippen, weil ich mit meinen Schmerzen beschäftigt wäre oder im schlimmsten Fall meinen Sterbeprozess bereits durchschritten hätte.
So etwas passiert mir – wie schon gesagt – beinahe jeden Tag.
Ich unterstelle den Autofahrern noch nicht einmal böse Absicht dabei. »Nur« Unaufmerksamkeit. Diese wird natürlich ein bisschen gefördert, wenn man dabei »nur« Materialschäden hat und außerdem der Kontrollillusion unterliegt, ein so guter Autofahrer zu sein, dass man sich stets richtig, regelkonform und vernünftig verhält und sowohl sein Auto, als auch sein Verhältnis zum Auto, als auch sein Fahrverhalten vollständig unter Kontrolle hat. Es erinnert mich, als einen Menschen, der nicht davon betroffen ist, an die Realitätsverluste eines Heroinabhängigen.
Manchmal ist es allerdings auch verantwortungslose Dummheit, worüber ich mich wirklich aufregen kann. Jeden verdammten Tag sehe ich Menschen in ihren Autos am Steuer, mit ihren verdammten Handys herumspielend und blind durch die Straßen fahrend. Manchmal wundere ich mich darüber, dass immer noch so wenig passiert. Zum Glück überwiegen immer noch die aufmerksamen Menschen im Verkehr.
Und ehrlich gesagt: Manchmal fahre ich mir auch einen Müll zusammen, bei dem ich froh darüber bin, dass die aufmerksamen Menschen im Verkehr deutlich überwiegen. Vermutlich geht es jedem Menschen so.
Im besten Fall würde Verkehr einfach nur bedeuten, dass wir alle einigermaßen zügig, entspannt und heil dort ankommen, wo wir jeweils hinwollen – und dabei zu Partnern mit gleichem Ziel würden. Die wichtigste Regel in diesem Geschehen wäre im §1 StVO festgelegt und würde völlig ausreichen. Leider ist der Alltag auf den Straßen nicht einmal der zweitbeste oder drittbeste Fall, ganz im Gegenteil. 🙁
Neulich sagte ein Autofahrer zu mir: »Du musst das alles einmal aus der Sicht eines Autofahrers sehen« und fing mit einer längeren, wenig erfreuten Beschreibung an, wie er aus seiner Sicht die Radfahrer im Staßenverkehr wahrnimmt – unter besonderer Beschreibung einiger Vollidioten, die fahren, als hätten sie zu viele von diesen Spielen gespielt, in denen man drei Leben hat.
Es war ein interessanter, wenn auch etwas einseitiger und kurzer Vortrag, in der Tat. Aber wenn ich etwas »muss«, weckt das meinen heiteren Drang, nicht zu wollen. Und dann habe ich mir keck gedacht:
Seht das mal aus der Sicht eines Radfahrers!
Stellt euch nur für ein paar Minuten vor, ihr Blechkutscher, ihr fahrt weiterhin die Autos, die ihr gewohnt seid, diese tonnenschweren Metallmaschinen mit Motor! Aber die gesamte Infrastruktur und der Verkehr wären anders. Stellt euch nur eine halbe Stunde lang mal vor, es wären die gleichen Straßen wie jetzt, nur, dass der Verkehr auf ihnen von LKWs geprägt wäre, dass die Fahrbahnen voller Vierzigtonner wären und dass jeder Unfall mit einem solchen Gefährt sehr gefährlich und teuer, in vielen Fällen sogar tödlich würde!
Die meisten Straßen dürftet ihr gar nicht erst benutzen. Stattdessen würden eigens für euch Markierungen auf Fußwegen angebracht, und ihr müsstet euch diesen Weg mit meist eher unaufmerksamen Fußgängern, oft mit lebhaften Kindern, teilen. Wenn ihr das nicht tätet, würde ein Bußgeld fällig, das auch immer wieder einmal in Verkehrskontrollen der Polizei kassiert wird. Ihr müsstet wehrlos hinnehmen, dass ein LKW so asozial falsch parkt, dass euer Weg völlig blockiert wäre, ohne dass sich Polizei und Ordnungsamt dafür interessierten. Oft wären die Baustellen genau auf dem euch zugewiesenen Weg, der vorsätzlich so gepflastert wäre, dass man ihn leicht öffnen kann, damit Kabel und Rohre einfach zugänglich sind, und gar nicht so selten würde an so einer Baustelle ein Schild aufgestellt, das euch gebietet, dass ihr gefälligst aussteigen und euer Auto schieben sollt. Aber auch, wenn das nicht der Fall wäre, würden die eigens für euch angebrachten Absenkungen an den Bordsteinen von Müttern mit ihren Kinderwagen, Rollstuhlfahrern und gelgentlich Roller- und Skateboardfahrern sowie Inlineskatern mitbenutzt, weil sie so praktisch sind. Und von Fußgängern. Natürlich wären sie auch öfter einmal von asozial parkenden LKW zugeparkt. »Öfter einmal« meint hier: In dicht bewohnten Gebieten mit wenig Parkplatz sehr häufig bis immer. Parken ist ja schließlich wichtig. Dazu würde euer Weg immer wieder als »Vielzweckfläche« dienen: Abstellplatz für Sperrmüll, Parkplatz für LKW, alles mögliche eben. Und als ob das alles nicht schlimm genug wäre, würde euch auch immer wieder einmal von LKW-liebenden Idioten in euren kommunalen Verkehrsausschüssen ein Verkehrtzeichen 240 hingestellt, das euch bußgeldbewehrt dazu nötigt, den Weg mit Fußgängern zu teilen und ganz vorsichtig im Schritttempo zu fahren, nur, damit ihr den LKW-Verkehr auf der Straße nicht mit eurer Anwesenheit stört.
Diese Sonderwege, die euch aufgezwungen würden, hätten nur Nachteile. Deshalb sind sie ja auch benutzungspflichtig, denn wenn sie Vorteile für euch hätten, müsste niemand eine Benutzungspflicht anordnen, sondern ihr würdet euch eurer Vorteile erfreuen. Verkehrszeichen und der LKW-Verkehr auf der Fahrbahn wären für euch oft schwer einsehbar, weil sie hinter Bäumen und parkenden LKW unsichtbar sind. Ihr selbst wärt genau so unsichtbar für den LKW-Verkehr auf der Fahrbahn. Bei der Lektüre der Straßenverkehrsordnung könnte man denken, ihr hättet auch Rechte wie Vorfahrt, aber das ist angesichts der Zustände eine eher theoretische Konstruktion, die bei allzu blindem Glauben daran schnell das Leben kosten kann. Trotzdem sieht niemand in der Politik ein Problem darin, solche gefährlichen Sonderwege zu bauen und anzuordnen. In den Städten müsstet ihr häufig an der Ampel das Signal für die Fußgänger beachten, obwohl diese viel langsamer als ihr sind und oft eine halbe Minute lang an einer roten Ampel stehen, während die LKWs auf der Fahrbahn grün haben und an euch vorbeifahren.
Kurz: Die gesamte innerhalb der Städte »für euch« hingepatzte Verkehrsinfrastruktur wäre objektiv unbrauchbar, vorsätzlich körperverletzend und zudem demütigend, aber ihr müsstet sie benutzen, wo immer sie für euch hingepatzt wäre. Und immer wieder hört ihr Verkehrtpolitiker und Scheißjournalisten und LKW-Fahrer faseln, dass das alles ja »für eure Sicherheit« da sei…
Da wärt ihr doch froh, wenn ihr mal keinen Sonderweg benutzen müsstet, oder? Endlich kommt man mal voran! Aber das ist auch nicht besser, denn die LKW-Fahrer betrachteten euch immer wieder einmal als Menschen, die gar keine richtigen Verkehrsteilnehmer und kaum richtige Menschen sind. Ihr müsstet ganz rechts, nahe an den parkenden LKW fahren – ja, eigens für euch wären immer wieder einmal rote »Schutzstreifen« auf die Fahrbahn gemalt worden, damit ihr das auch wirklich kapiert und damit man das Blut nicht so sieht – und würdet ständig im Abstand von zwanzig, dreißig Zentimetern von Vierzigtonnern überholt, am Wochenende gar nicht so selten mit besoffenen Fahrern, aber an jedem verdammten Werktag wären auch genug Fahrer dabei, die mehr mit ihren Handys als mit dem Verkehr beschäftigt und dabei oft noch gefährlicher als ein Betrunkener sind. Wenn ihr geradeaus fahren wolltet, der Vierzigtonner aber nach rechts abbiegt, würdet ihr immer wieder einmal übersehen und es käme zu schweren Unfällen. Dabei hätten irgendwelche Schreibtischmörder aus der Politik sogar in die StVO reingeschrieben, dass ihr Vorfahrt habt, wenn ihr rechts vom rechtsabbiegenden Verkehr geradeaus fahrt. Aber die würden ja auch nicht Auto, sondern Vierzigtonner fahren. Denen wäre es egal, wie ihr verreckt, hauptsache, ihr stört den Verkehr der Vierzigtonner nicht. Und damit ihr noch weniger Freude am Vorankommen habt, wären immer wieder eigene Ampeln für euch aufgestellt, damit ihr auch nicht so lange Grün habt. Und wo es diese eigenen Ampeln nicht gäbe, müsstet ihr nach dem eventuell vorhandenen Fußgängersignal fahren, auch, wenn ihr auf der Fahrbahn fahrt. (Ja, wirklich! Das war einmal die aktuelle Regelung für Radfahrer, die zum Glück inzwischen wieder aufgehoben ist.) Wenn ihr aber einmal nach links abbiegen wolltet und euch entsprechend auf der Fahrbahn einordnetet, würdet ihr von Vierzigtonner-Fahrern angehupt und beschimpft, weil ihr nicht ganz rechts bleibt, da, wo der blutrote Streifen auf der Fahrbahn ist. Ja, immer wieder würde euch von Vierzigtonner-Fahrern vorgeworfen, dass ihr so viel Platz auf der Fahrbahn wegnehmt und dass es euretwegen immer enger auf der Fahrbahn wird. Journalisten, die im Vierzigtonner zur Arbeit fahren, würden das glauben, und die Zeitungen und Fernsehmagazine wären voll damit; und Politiker würden sich rasch anschließen und den Bau neuer Sonderwege für Autofahrer einfordern, damit sie den Verkehr nicht mehr so behindern – und in den Reklamelügen neben diesen Dummheiten würde die Umweltfreundlichkeit, Bequemlichkeit und Freiheit des LKW-Fahrens gelobt.
Wenn ihr aber die Städte verließet, um einmal frei von diesem täglichen Wahnsinn zu sein, dann wärt ihr direkt in einer Barbarei der Landstraße, in der die jeweils leistungsstärkeren LKW-Fahrer ihr »Recht« einfach durchsetzen – auch immer wieder auf Kosten von Autofahrern, deren Tod billigend in Kauf genommen wird. Dort, wo die Sonderwege am Nötigsten wären, gibt es sie nicht. Und wo es sie doch einmal gäbe, da sind sie in einem Zustand, dass man sich fragt, ob die Betonplatten wohl damals auf einen Führerbefehl hin verlegt wurden und seitdem vor sich hinrotten. Immerhin ist meist ein Verkehrszeichen 101 nebst Zusatzzeichen 1007-34 aufgestellt, immer schön zusammen mit dem Zeichen, das die Benutzungspflicht anordnet.
Hin und wieder bekämen die Politiker einmal mit, dass das Autofahren trotz aller »sicheren« Sonderwege gefährlich geworden ist, und sie würden in reflexartigem Aktionismus eine Helmpflicht für Autofahrer einfordern. In den Polizeimeldungen über solche Unfälle würde jedesmal erwähnt werden, dass der tödlich verunglückte Fahrer keinen Helm getragen hat, und zwar selbst dann noch, wenn im Unfallhergang ein paar Gliedmaßen abgetrennt wurden. Niemals würde in den Polizeimeldungen erwähnt, dass ein solcher Tod von LKW-Fahrern verursacht wurde, stattdessen wurden die Autos sprachlich »von einem LKW erfasst«; ganz ähnlich wie bei den Dienstwaffen der Polizeibeamten, mit denen niemals geschossen wird, sondern aus denen sich immer nur ein Schuss löst. Journalisten würden diese Meldungen mit ihren wenig subtilen Schuldzuweisungen einfach abschreiben, genau die gleichen Journalisten, die es ziemlich unerträglich fänden, einer vergewaltätigten Frau die Schuld an ihrer Vergewaltigung zu geben. Aber für euch Autofahrer gälten eben völlig andere Maßstäbe. Ihr wärt in jeder Hinsicht nur der Dreck der Straße, den man von der Fahrbahn entfernen muss und in jeder nur erdenklichen Weise gängeln muss. Und die ganze Welt wäre von diesem Reden und Denken voll. Die eigentlichen Ursachen der täglichen Gefährdung blieben dabei aber völlig unbearbeitet.
Viele von euch würden sich einen teuren Vierzigtonner kaufen, um endlich wie normale Menschen am Verkehr teilnehmen zu können und halbwegs sicher unterwegs zu sein. Und die, die das nicht einsähen, würden als asoziale Dummköpfe bezeichnet, die den ganzen Verkehr nur aufhalten und viel zu viel wertvollen Platz auf der Fahrbahn einnehmen und damit Staus verursachen – und zwar von Bildzeitung bis FAZ, von ARD bis RTL.
Genau so wie in dieser fiktiven Welt, werte Blechkutscher, genau so geht es mir jeden verdammten Tag. Einfach nur, weil ich Fahrrad fahre. Seit Jahrzehnten. Und es wird nicht besser, ganz im Gegenteil.
Und genau daher kommt mein oft sehr galliger Ton. Bitte entschuldigt mich, wenn er manchmal eine Spur zu grob und polemisch ist, aber ich lasse mich wirklich nicht gern umbringen. Wenigstens das solltet ihr verstehen, wenn ihr den Verkehr nur mal eine halbe Stunde aus der Sicht eines Radfahrers gesehen habt.
So sieht gegenwärtig die Website der Washington Post aus, wenn man sie mit einem hinreichend gegen Internetkriminalität und Malvertising abgesicherten Webbrowser betrachtet:
Der immer noch sichtbare Reklamespruch »Demokratie stirbt in der Dunkelheit« ist so wunderbar passend zu einer Website, die völlig inhaltslos dargestellt wird, wenn das eigentliche und einzige Geschäft der Contentindustrie nicht mehr möglich ist: Die Vermarktung von Werbeplätzen. Diese Realsatire ist besser als jede Satire.
Regieren ist keine Sache für Leute von Charakter und Erziehung.
Aristophanes, griech. Komödiendichter, 445-385 v. u. Z.
Teil Eins: Vorab
So lange die Menschheit in ihrer Doofheit beschlossen hat, alles Brennbare auch anzuzünden, damit es lichterloh brenne, lasst mich in Ruhe mit eurem heuchlerischen Klimagelaber! Ihr stinkt bis zum Himmel nach Doppelmoral und Lüge.
So lange in der BRD unter staatlichem Schutz mit dem staatlichen Polizeiknüppel Bäume weggeholzt werden, um große Löcher zu graben, damit RWE an die Braunkohle zum Verbrennen und Verstromen komme – was sonst sollte man damit auch anfangen, außer sie anzuzünden – erspart mir die wohlklingenden Wörter »Nachhaltigkeit«, »kommende Generationen«, »Zukunft«, »Umwelt« und »Verantwortung«! Da wären mir als gemäßigten Gegner der Kernenergie ja die Atomkraftwerke lieber gewesen.
So lange in der BRD unter heiterer Verpulverung von Steuergeldern elektrische Oberleitungen für entsprechend gebaute LKWs über den jetzt schon unter dem gewachsenen LKW-Verkehr völlig überlasteten Autobahnen ausprobiert werden, während es ein riesiges, bewährtes und funktionierendes Netz von Oberleitungen über Verkehrswegen nebst entsprechend eingerichteter Verkehrsmittel schon seit Jahrzehnten gibt – man nennt es »elektrifizierte Eisenbahn«, falls diese großartige und unter hohem Aufwand errichtete kulturelle Errungenschaft schon vergessen wurde – faselt nicht von einer »Verkehrswende«! Ihr lobbykranken Dämonkraken »wendet« euch auf der Stelle und kreist in eurer Parallelwelt um euch selbst, um eure Gier und eure Macht und um eure Zuwendungen aus der BRD-Autoindustrie, statt eine andere Richtung einzuschlagen.
So lange ihr weiterhin alles angezündet sehen wollt, was brennbar ist, kommt mir nicht mit der dummen Idee einer CO2-Steuer, die – ähnlich wie die Mehrwertsteuer – von Industrie und Einzelhandel als eine Preiserhöhung in allen Preise aller Produkte und Dienstleistungen an die Menschen weitergegeben wird und die deshalb – ähnlich wie die Mehrwertsteuer – vor allem diejenigen Menschen unproportional belasten wird, die über wenig Geld verfügen und damit einmal mehr vorsätzlich anti-sozial ist! Ihr habt die Menschen genug verarmt und ihnen wie die Lügenpfaffen wohlklingende Märchen vom kommenden Paradies für alle erzählt. Nur dass nach dem Tod noch etwas kommt, kauft euch auch der Dümmste nicht ab.
Wenn ihr Politiktreibenden euch doch wenigstens schämen könntet! Aber das würde eine Selbstreflexion voraussetzen, werte Politiktreibende in der BRD, mit der ihr wegen eures asozialen, psychopathischen Charakters völlig überfordert seid.
Teil Zwei: Angebliche politische Handlungsunfähigkeit
Es ist faszinierend, aber durch ständige Wiederholung auch zermürbend anzuschauen, wie die Herrschenden so tun können, als ob sie gar nicht herrschten, wenn sie verbergen wollen, in wessen Interesse sie herrschen.
Etwas über acht Jahre ist er jetzt her, der 11. März 2011. Es ist ein Tag, den ich niemals vergessen werde.
Es war noch früh am Morgen. Ich überflog gerade meinen Twitter-Stream, als immer wieder flehentliche Aufforderungen von Menschen aus Japan wiederholt wurden, man solle wegen des Erdbebens für sie beten. Es ist ja nicht so, dass Japanern ein stärkeres Erdbeben fremd wäre, und angesichts der Todesangst und Panik, die selbst noch durch das abstrakte, unpersönliche, technische Medium Twitter hindurchschimmerten, war mir sofort klar, dass sich gerade in diesem Moment eine fürchterliche Katastrophe ereignete, bei der viele tausende, wenn nicht zehntausende Menschen sterben würden und bei der noch mehr Menschen alles verlieren würden, wofür sie ihr Leben lang gelebt, gearbeitet und gespart haben.
Wenn die Erde einmal etwas hustet und monströse Kräfte entfaltet, wird der Mensch trotz aller Technik, Zivilisation und Kultur wieder so klein und verletzlich, wie er es von seiner Natur her immer war und ist.
Das Erdbeben und der darauf folgende Tsunami töteten unmittelbar über zwanzigtausend Menschen. Rd. eine halbe Million Menschen mussten in der Folgezeit in Notunterkünften untergebracht werden, nachdem rd. 400.000 Gebäude durch Erdbeben und Tsunami zerstört wurden. So weit ich weiß, ist die genaue Anzahl der Opfer bis heute unbekannt.
Wenn ich vom Tōhoku-Erdbeben spreche, weiß heute kaum ein Mensch noch, was damit gemeint ist. Obwohl es eine der größten Naturkatastrofen der jüngeren Geschichte war, die mit grimmiger Hand mitten in eine dichtbesiedelte, technische Zivilisation griff und das Leben von Menschen zerschmetterte. Es ist weitgehend vergessen. Als ob es ein Nichts gewesen wäre.
Das japanische Wort, das sich den Menschen in Deutschland eingeprägt hat, ist ein ganz anderes Wort. Es ist das Wort Fukushima. Denn das Erdbeben und der Tsunami haben auch den Super-GAU eines großen Kernkraftwerkes und einen der schlimmsten Nuklearunfälle in der bisherigen Geschichte der zivilen Nutzung der Kernenergie verursacht. Auch hier ist die genaue Anzahl der Opfer unbekannt und vielleicht gar nicht mehr ermittelbar, und einige Spätfolgen werden sich erst in einigen Jahrzehnten in Statistiken zeigen, wenn diese Statistiken nicht aus politischen Gründen verfälscht werden.
Die Opfer des Tōhoku-Erdbebens mit nachfolgendem Tsunami sind darüber längst vergessen.
Am 14. März 2011 beschloss das Kabinett unter Bundeskanzlerin Angela Merkel unter dem Eindruck dieses fürchterlichen Reaktorunfalls und unter völligem Vergessen der fürchterlichen Naturkatastrofe eine Wende in der Energiepolitik und einen Atomausstieg. Dies wurde am 6. Juni 2011 in konkretere Formen gegossen: Acht Kernkraftwerke verloren am 6. August 2011 ihre Betriebserlaubnis, und bis zum Jahr 2022 kommt es zu einem stufenweisen Ausstieg aus der zivilen Nutzung der Kernenergie in der BRD. Das entsprechende Gesetz, das 13. Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes, wurde am 30. Juni 2011 vom Deutschen Bundestag mit einer beeindruckenden Mehrheit von 513 Stimmen beschlossen. Die erforderliche Zustimmung durch den Deutschen Bundesrat erfolgte am 8. Juli 2011.
Vom geäußerten politischen Willen eines energiepolitischen Kurswechsels bis hin zu konkreten, unmittelbar wirksamen Maßnahmen hatte es trotz des etwas schwerfälligen politischen Apparates der BRD lediglich 116 Tage gebraucht. Dies – wohlgemerkt! – entgegen einem beachtlichen Widerstand durch die geld- und lobbymächtigen Energieversorungsunternehmen in der BRD, die (und deren hauptsächlich institutionaliserte, also zum ebenfalls geld- und lobbymächtigen Bank- und Versicherungswesen gehörigen Aktionäre) aus nachvollziehbaren Gründen von ihren Investitionen profitieren wollten.
Nur, um das an dieser Stelle kurz anzumerken: Die BRD ist weder durch starke Erdbeben noch durch Tsunamis gefährdet, und durch den Super-GAU von Fukushima wurde kein Kernkraftwerk in der BRD sicherer oder unsicherer. Der Grund, aus dem heraus dieser politische Wille entstand, war völlig irrational. Man hätte genau so berechtigt eine Entscheidung auf Grundlage eines Horoskopes oder einer biblischen Profezeihung »rechtfertigen« können.
An diesen 116 Tagen des Jahres 2011 zeigt sich der Unterschied zwischen politischen Absichtserklärungen, die medienwirksam geäußert werden und keine Folgen haben, und einem wirklichen politischen Willen, der zu entschlossenem, zielstrebigem Handeln führt, das Veränderungen herbeiführt.
Dass ein Kernkraftwerk eine wesentlich bessere CO2-Bilanz als die Stromgewinnung durch Verbrennung von Kohle, Gas, Öl oder Kunststoffmüll hat, ist im Kontext zwar erwähnenswert, aber keineswegs mein Schwerpunkt. Ich persönlich bin froh über den »Atomausstieg«, aber äußerst unfroh über seine Gestaltung, wie ich schon weiter oben angemerkt habe. Das Verbrennungszeitalter muss meiner Meinung nach beendet werden.
Teil Drei: Die gespielte Machtlosigkeit der Herrschenden
Eben habe ich an einem nicht allzuweit zurückliegendem Ereignis gezeigt, wie politisches Handeln aussieht, wenn es mit einer politischen Gestaltungsabsicht verbunden ist.
Angesichts der vielfachen politischen Absichtserklärungen zum Klimaschutz fallen mir eine Menge möglicher politischer Gestaltungen ein, die vergleichbar schnell, also in weniger als einem drittel Jahr, durchzusetzen wären und eine unmittelbare Wirkung entfalteten.
Ich bin natürlich kein Experte in den jeweilgen Gebieten, und es ist von daher gut möglich, dass ich etwas kurzsichtig bin und wichtige Faktoren übersehe, aber keine dieser Maßnahmen wäre wohl so kurzsichtig, irrational und angesichts der milliardenschweren Entschädigungsleistungen an die Energieversorger so teuer wie der »Atomausstieg«, der von Angela Merkel gegen nennenswerte Widerstände im politischen Galopp vorangetrieben wurde:
Diese kurz- bis mittelfristig wirksamen und nahezu unmittelbar umsetzbaren politischen Gestaltungsmöglichkeiten – wir erinnern uns: Für den CO2-fördernden Atomausstieg nach dem Willen Angela Merkels und unter dem Beifall der Grünen hat der schwerfällige BRD-Regierungsapparat nur 116 Tage Zeit benötigt – könnten durch folgende, eher langsam und langfristig wirksame Maßnahmen ergänzt werden, für die allerdings sehr dicke Bretter zu bohren wären, womit die immer nur von Wahl zu Wahl denkenden Berliner Dünnbrettbohrer möglicherweise überfordert wären:
Das sind – wie schon gesagt: von einem Nichtfachmann geäußerte – Ideen zur Reduktion von CO2-Emissionen bei der Erzeugung der benötigten Energie. Wenn wirklich ein politischer Wille bestünde, würde man etwas davon sehen – siehe weiter oben zum »Atomausstieg«, wie schnell es gehen kann, wenn politischer Wille vorhanden ist! Stattdessen darf der Nachrichtenkonsument die Umsetzung der folgenden politischen Ideen aus den Reihen der CDU, SPD, CSU und der Grünen genießen:
Die gespielte Machtlosigkeit der Herrschenden wirkt völlig unglaubwürdig. Sie soll nur überspielen, dass neben der Einführung neuer, möglichst anti-sozialer Steuern nicht der geringste politische Wille besteht.
Und sie können sich nicht einmal schämen, die Politiktreibenden in der BRD. Und die Journalisten in der BRD können ihnen nicht einmal mehr die naheliegendsten Fragen stellen.
Deshalb lasst mich mit eurem verlogenen Gejammer ums Klima in Ruhe! Ich habe mein Leben zum Glück größtenteils hinter mir. Richtet ihr euch mal fein auf das ein, was ihr haben wollt! Euer ganzes Leben sagt ja, dass ihr es wollt, auch wenn euer Mund gern etwas anderes sagt, damit ihr euch besser in eurer Selbstgerechtigkeit einlullen könnt.
Dass ihr aus einen dummen psychischen Reflex unter vollständiger Umgehung der Leistungsfähigkeit eures Frontallappens heraus die Grünen wählt, ist übrigens genau so wirksam wie der Kauf eines Ablasszettels im Mittelalter. Nur für einige Grüne wird es wirksamer werden, in Form von Posten und Pfründen. Sonst wird sich nichts ändern. Außer für die allermeisten Menschen zum Noch-Schlechteren. Niemals werde ich die Schröder-Fischer-Regierung vergessen, in der diese ehemalige Alternativpartei die alternativlose Politik des staatlich subventionierten Lohndumpings, der Massenverarmung und der Militarisierung der BRD-Außenpolitik mit vorangetrieben hat – bei voller Liebe zur Fortsetzung der Kohleverstromung…
Und jetzt, liebe Grüne-Gläubige, trennt schön weiter euren Müll, damit er vor seiner Verbrennung (neusprechdeutsch: thermische Verwertung) und Verstromung wieder zusammengepackt wird! Ihr seid solche Helden!
Teil Vier: Tschüss
Ich bin übrigens Radfahrer und Fußgänger (gelegentlich durch Nahverkehr ergänzt, früher auch gern durch Zugfahrten). Ich habe nicht einmal einen Führerschein, und das liegt nicht etwa daran, dass ich die Prüfung nicht bestehen könnte (ich habe immer wieder Menschen darauf vorbereitet), sondern daran, dass ich es schon als sehr junger denkender und fühlender Mensch absurd gefunden habe, jedem Menschen einen eigenen Motor zu geben, damit er mit tonnenschweren Metallmaschinen sein Körpergewicht durch die Gegend bewegt. (Ja, ich sehe ein, dass das zurzeit nötig sein kann, wenn man nicht in einer Stadt lebt.) Und nein, ich bezahle nicht für das, was andere in ihrer asozialen Gehirn- und Verantwortungslosigkeit angerichtet haben und weiterhin anrichten, wenn sie am liebsten noch vom Sofa zum Kühlschrank mit dem Auto fahren würden. Keinen verdammten Cent bezahle ich dafür.
Das, was mir zurzeit mit der verlogenen, heuchlerischen Klimapropaganda politisch und journalistisch zugemutet wird, hat das Zeug, mich bis zur Gewaltbereitschaft zu radikalisieren.
Zum Glück habe ich mein Leben größtenteils hinter mir… zum Glück für mich.