Kann bitte mal jemand diesen Leuten, die Freie Software für Freie Lehre [Archivversion] einfordern, den Unterschied zwischen Freier Software und quelloffener Software erklären. Denn sie scheinen den gar nicht zu kennen und sprechen in ihren zehn Forderungspunkten, die ich hier mal wiedergebe (die Hervorhebungen im Zitat sind von mir)…
- Open-Source-Software als wesentliches Kriterium bei Ausschreibungen: In Ausschreibungen werden die spezifischen Eigenschaften von Open-Source-Software oft nicht berücksichtigt. Das muss sich ändern – im Interesse der Öffentlichkeit muss Open-Source-Software bei Ausschreibungen der öffentlichen Hand ein wesentliches Kriterium sein.
- Echtes Open-Source! Echte und freie Open-Source-Software entspricht der Definition von FOSS. Sie steht immer öffentlich im Quellcode zur Verfügung und ist lizenzkostenfrei nutz- und änderbar. Einblicknahme in Quellcode nach Kauf einer Lizenz ist kein Open Source!
- Bildung über Open-Source-Software: Freie Open-Source-Software ist ein vitaler Bereich der deutschen Bildungslandschaft und muss aus den Bildungseinrichtungen heraus weiterentwickelt werden.
- Digitalisierung seit 20 Jahren: Die »Communities« für Open-Source-Software an Bildungseinrichtungen besitzen unschätzbares Know How für Digitalisierung, das in den vergangenen 20 Jahren aufgebaut wurde, topaktuell und weltweit führend ist. Dieses Wissen muss unterstützt und genutzt werden.
- Unterstützung für Software Communities im Bildungsbereich zur Entwicklung freier Software (gem. GPL 3 und FOSS). Hiermit wird kritische Infrastruktur gestützt und nachhaltig aufgestellt.
- Förderung des freien Austausches: Umsetzung einer offenen und interoperablen Infrastruktur für alle Open-Source-LMS zum Austausch von freien Bildungsmaterialien (Open Educational Resources).
- Förderung der Entwicklung: Bereitstellung von öffentlichen Mitteln zur kontinuierlichen Verbesserung der freien und offenen Open-Source-Plattformen gemäß dem Prinzip »Public money – public code«, etwa im Hinblick auf Inklusion, Diversität und neue Nutzungsformen.
- Länderübergreifende Entwicklung eines Konzeptes für die Weiterentwicklung von Open-Source-Software Lösungen an deutschen Bildungseinrichtungen auf Bundesebene. Aufgrund der bundesweit aufgestellten Communities bietet sich eine länderübergreifende Umsetzung eines solchen Konzeptes an.
- Verankerung eines Grundsatzes der Offenheit bei der Auswahl, dem Betrieb und der Weiterentwicklung von Open-Source-Lern-Infrastrukturen an Bildungseinrichtungen, der den Gedanken von Open Education und Open Science folgt.
- Strukturen statt Lizenzen: Statt für die Nutzung kommerzieller Software Lizenzgebühren zu zahlen, muss die Öffentliche Hand nachhaltige Infrastrukturen für Bildung finanziell und personell stärken, damit der Einsatz von Open-Source-Software für alle Bildungseinrichtungen einfach möglich ist.
…nahezu ausschließlich von »Open Source«, obwohl sie klar etwas anderes als quelloffene Software meinen, nämlich Freie Software. Einmal bauen diese Leute sogar das spracharchitektonische Wortgetüm einer »Freien Open-Source-Software« auf, das in dieser Form hochnotlächerlich klingt. Vermutlich handelt es sich bei den namentlich nicht genannten Autoren dieser Forderungen um Spezialexperten mit Universitäts- und Pädagogenhintergrund, die sich nicht vor dem Schreiben eines solchen Textes über die verwendeten Begriffe informieren wollten, weil sie ja wissen, was sie schreiben. 🤦
Grüße auch an David Dunning und Justin Kruger. 😉
Stellt euch mal vor, ein Physiker brächte immer Astronomie und Astrologie durcheinander und spräche schließlich in kunstvoll-gequollenen Wortgetümen von »evidenzbasierter Astrologie ohne metaphysische und mantische Deutungsschemata«, um Astronomie zu bezeichnen. Genau das ist in diesem Forderungskatalog wieder und wieder und wieder geschehen. Wer soll dabei eigentlich noch ernst bleiben? 😂
Eine kleine Anmerkung zum siebten Punkt kann ich mir übrigens nicht verkneifen: Software zu machen, ist nicht »inklusiv« oder »divers«, sondern hat sogar eine recht hohe Hürde. Wer da mitmacht oder mitmachen will, muss programmieren können und gute analytische Fähigkeiten haben. Das ist nichts für jedermann und allefruhn, wie jedermensch gern durch unmittelbare Beobachtung in seinem sozialen Umfeld selbst bestätigen kann. Tatsächlich habe ich in meiner bisherigen Lebenszeit noch nie einen guten Programmierer oder eine gute Programmierin kennengelernt, der oder die nicht in seiner oder ihrer Schulzeit nennenswerte Probleme mit Mobbing durch seine Mitbeschulten hatte, weil die fürs Programmieren benötigten Fähigkeiten (neben einer oft intellektuellen Haltung, praktische Probleme zu lösen sowie einem Streben nach scharfen, klaren Begriffen) in unserer Gesellschaft gemeinhin verspottet und verachtet werden, in extremen Fällen auch mal von einer ganzen Schulklasse zusammengeschlagen und zusammengetreten. Wenn ich in einem Forderungskatalog für eine Methodik der Softwareerstellung im Bildungsbereich einerseits die Begriffe rund um die Methode der Softwareerstellung diffus durcheinandergewürfelt sehe, andererseits aber ideologisch belastete, politische Bullshitbegriffe mit Nähe zum Gender-Lyssenkoismus lesen muss, schlägt die Nadel meines eingebauten und gut kalibrierten Bullshit-o-Meters erheblich aus und die Warnlampe für extremen Bullshit beginnt schon leicht zu glimmen.
Von dieser Anmerkung unberührt ist natürlich die Schaffung hürdenarmer und leicht zugänglicher Software für alle Menschen unbedingt wünschenswert. Dass die Verwendung sechsfach verschachtelter <div>
s anstelle einer semantisch sinnvollen HTML5-Auszeichnung für einen relativ einfaches Textdokument in der oben verlinkten Website zu diesem unbedingt wünschenswerten Ziel auch nur näherungsweise kompatibel ist, erscheint mir sehr fraglich.