Nichts Neues im Deepfake-Zeitalter

Oh, Frauen und junge Mädchen haben jetzt angesichts pornografischer Deepfakes irgendwelcher Prominenter zunehmend Angst davor, dass sie selbst einmal aus Rache, Missgunst oder anderen Motiven auf diese Weise öffentlich bloßgestellt werden könnten [Archivversion]?

Was mich persönlich erschreckt: Wenn selbst eine der berühmtesten und reichsten Künstlerinnen der Welt den öffentlichen Missbrauch ihres virtuellen Körpers nicht einzudämmen vermag, welche Chance hat eine Privatperson?

Werte Frau El Ouassil,

ich sage es ihnen ganz kurz: Überhaupt keine. Null.

Und verschärfend kommt hinzu, dass erfolglose, aber öffentlich bekannt werdende Versuche der Eindämmung und Verfolgung einer solchen Arschlochnummer eines virtuellen Vergewaltigers nur dazu führen, dass sich die Fakepornos noch stärker verbreiten. Den Streisandeffekt erleben nicht nur die Schönen und Reichen. Selbst irgendwelche Youtuber aus der zweiten Reihe sind schon unter Ablassen lauter Lachgeräusche in die Klapsmühle, in den Ruin oder in den Beginn ihrer kriminellen Karriere gemobbt worden, wenn sie sich erfolglos gegen Rufmord, Mobbing und Fälschungen zur Wehr gesetzt haben. Ohne das von ihnen, Frau El Ouassil, wie ein mit Mana übervoller Fetisch hochgehaltene Angstthema Deepfakes, versteht sich. Ganz klassisch. Mit Photoshop (oder Gimp), mit Gerüchten und mit unvorteilhaften Schnappschüssen. Weil es den Mobmenschen Spaß macht, mal eben die individuelle Verantwortung an einen Gruppenprozess abzugeben, ein Vollbad in ihrer dummen, barbarischen Psyche zu nehmen und mal so richtig tätlich und böse zu werden. Ganz im Gegenteil, der contentindustrielle Journalismus wirft sich noch verstärkend dem Pack als Helfer an die Seite. So schöner und billger, die Psyche aufkochender Content, den man mit vermarkteten Werbeplätzen umgeben kann. Die niederträchtige Machart der Bildzeitung, die in ihren menschenverachtenden Methoden einst eine Ausnahme war, sie prägt längst den gesamten Journalismus bis hin zur bürgerlichen Journaille.

Ich vermisse wie immer den Trost darin, Recht gehabt zu haben, als mich beinahe alle noch als einen Spinner oder gar Geisteskranken verlacht haben, wenn sie davon hörten. Alles, was im Internet landet, steht anonym bleibenden Anderen über ein anonymisierendes, technisches Medium für jede Nutzungsform zur Verfügung. Auch Fotos und Videos. Auch für Nutzungsformen, von denen mir schlecht wird, weil sie nur noch niederträchtig und abstoßend sind.

Da hat sich so viele Jahre niemand daran gestört oder wenigstens einen Hauch von Bedenken entwickelt, dass schließlich sogar ganze Bereiche des Web mit Selfies irgendwelcher unwichtiger Mitmenschen geflutet wurden. Die haben das selbst getan. Freiwillig. Für ein Däumchen, einen Stern oder ein Herzchen, für ihren gefühlten und eingebildeten Börsenwert auf dem Beliebtheitsmarkt im immerforten Wettbewerb eines Jeden gegen jeden. Übrigens hat darin auch kaum ein Journalist jemals ein Problem gesehen, wenn man mal von der immer wieder breit und ermüdend angeprangerten Benachteiligung von Frauen jenseits der Photoshop-Schönheitsideale aus der Wahnwelt der Glotze und Reklame absieht. Und wie schon erwähnt: Einer wie ich wurde ausgelacht und für meschugge gehalten. Und für völlig rückständig erklärt, wegen seiner flugs dabei diagnostizierten irrationalen »Technikangst«. Übrigens drei Mal in meinem Leben von Menschen, die im Hauptberuf als Journalisten tätig sind. Aber auch von Leuten mit anständigeren Berufen, die mir nicht einmal ruckelfrei den Unterschied zwischen »analog« und »digital« definieren könnten, was ihrem Stolz und ihrem eingebildeten Wissen aber niemals einen Abbruch tat. Darauf noch ein Gläschen lecker Dunning-Kruger, der schmeckt doch immer so gut. Und scheppern tut das Zeugs! Da fühlt man sich gleich wie ein anderer Mensch!

Jetzt wird geerntet. Fakepornos sind das kleinste Problem dabei. Sie sehen nur wie ein großes Problem aus, weil sie zuerst öffentlich werden. Pornografie war schon immer eines der wichtigsten Dinge im Internet. (Und vermutlich, weil Frauen im Männerhass¹ des entfesselten bürgerlichen Feminismus viel schützenswerter als Männer sind. Den kennen sie ja aus ihrer Alltagserfahrung im Journalismus, diesen Ton: Männer sterben früher, Frauen am stärksten betroffen.) Jedes Bild, jedes Video ist Freiwild. Für jeden nur denkbaren und für so manchen undenkbaren Zweck. Die meisten dieser Zwecke sind sehr unerfreulich. Es gibt so viele Psychopathen in der Welt. Wenn Leute eine Chance sehen, konsequenzenlos mit einer destruktiven und niederträchtigen Nummer durchzukommen, machen sie beinahe alles.

Aber: Es ist nicht mein Problem. Niemand, der mich nicht persönlich kennt, weiß, wie ich aussehe. Ich achte seit fast dreißig Jahren darauf, dass es von mir nur Fotos gibt, die nicht verwertbar und übrigens auch nicht biometrisch auswertbar sind. Ich habe sogar Menschen das Fotografien verboten und die Löschung von Bildern eingefordert. Paranoid und geisteskrank hat man mich dafür genannt. Oder man hat mir vorgeworfen, dass ich viel zu »negativ« denke. Nur kurz nach den Enthüllungen Edward Snowdens hat das mal einen kurzen Moment aufgehört, aber dann wurde das im Strom der neueren Nachrichten einfach weggerissen. Man hat ja auch nichts zu verbergen… was für ein absurder, dummer Quatsch! Bei mir gibt es jedenfalls eine Menge Dinge, die ich aus dem einen oder anderen Grund nicht in die Öffentlichkeit gezerrt sehen möchte.

Es wird eine reiche Ernte.

Nicht Daten sind der Rohstoff des einundzwanzigsten Jahrhunderts, Dummheit ists.

Ihnen, Frau El Ouassil, wünsche ich, dass sie beim »Lernen durch Schmerzen« wenigstens nicht das Lernen vergessen! Irgendwann sind ja alle klug, die einen sinds vorher, die anderen hinterher.

Ihr sie »genießender«
Elias

¹Wenn sie ein besseres Wort für Aufforderungen zur Tötung oder zur gewaltsamen sexuellen Verstümmelung auf Grundlage eines biologischen Merkmales wie dem 23. Chromosomenpaar kennen, die selbst von ihrer Klasse, also von Menschen aus dem journalistisch-politischen Komplex der Bundesrepublik Deutschland immer wieder offen und internetöffentlich weitergetragen wurden, ohne dass da auch nur Widerspruch aufkam, dann sagen sie es mir. Wenn ich mich nicht so höflich ausdrücken würde, spräche ich vom sexistischen Fotzenfaschismus. Dieser ist übrigens viel belegbarer als die feministisch-ideologische Konstruktion des Patriarchats.

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