Ubuntu Annoyances, Teil 17392

Ich hätte manchmal Lust mit einer Website über Ubuntu zu beginnen. Titel des Projektes: Ubuntu Annoyances

Das Problem

Ich spotte ja oft, dass Ubuntu ein »Windows für Linux« sei, weil diese… ähm… großartige Distribution viele nervige Macken zu Linux getragen hat, die ich vorher nur von Windows her kannte. Zum Beispiel die Macke, dass ein regelmäßig benutztes System im Laufe der Zeit langsam »verrottet«; dass es durch alltägliche Benutzung so »zugemüllt« wird, dass viele Dinge nach einigen Monaten oder Jahren immer schwerfälliger gehen.

Zum Beispiel das Löschen von Dateien in Xubuntu – und vermutlich auch in allen anderen Ubuntu-Derivaten. Was an einer Kommandozeile ein einfaches rm Dateiname ist, gefolgt von einem unmerklich kurzen Festplattenzugriff und einer hinterher erfreulich verschwundenen Datei, das führt, wenn man es mit der Maus im Dateimanager macht, irgendwann einmal zu einer minutenlangen »Kratzorgie« mit einer beachtlichen Festplattenaktivität, die den Computer deutlich ausbremst, weil alle Dateioperationen verlangsamt werden.

Und dann erinnert man sich daran, dass das alles einmal viel besser ging und fragt sich, was das für ein Müll ist, den einen Canonical mit der letzten Version auf die Festplatte gemacht hat… und dann fängt an, das alles zu hassen

Die Ursache

Dieses Verhalten liegt nicht an den neueren Ubuntu-Versionen und lässt sich deshalb auch nicht mit einem »Downgrade« beheben. Es liegt daran, dass die Ubuntu-Macher offenbar nicht mit ihrem eigenen System arbeiten und sich deshalb auch keine weiteren Gedanken darüber machen, wie die von ihnen zusammengestellte Arbeitsumgebung effizient und vernünftig gestaltet werden könnte. Stattdessen streuen sie ihren Nutzern Zucker in die Augen, perlesüß und mit dem Geschmack von Zyankali-Maracuja, und hoffen darauf, dass man so den ganzen Müll nicht mehr sieht… ach! 🙁

Der Müllmacher in diesem Fall ist tumbler, den DBus-Vorschaubild-Erzeuger… und er sorgt dafür, dass sich im Laufe der Zeit eine Menge »Datenmüll« ansammelt, der von dieser scheinbar benutzerfreundlichen Linux-Geschmacksrichtung Ubuntu niemals wieder weggeräumt wird. Dieser »Müll« befindet sich im Verzeichnis ~/.thumbnails. Darin sammeln sich im Laufe der Zeit schleichend, und deshalb zunächst unbemerkt und im Laufe der Monate immer schlimmer werdend, hunderttausende von Dateien an, die allesamt in einem Verzeichnis ohne weitere Struktur durch Unterverzeichnisse liegen. Beim Verschieben einer beliebigen Datei – selbst, wenn es sich nicht um eine Datei handelt, für die es ein Vorschaubild gibt – in den Mülleimer scheint der tumblerd im Hintergrund diesen Cache zu reorganisieren. Wenn es sich um… sagen wir mal… ein paar tausend Dateien handeln würde, dann würde das auch kaum jemand wahrnehmen können. Es sieht allerdings so aus, als ob in diesem Verzeichnis niemals aufgeräumt würde, so dass darin auch Dateien liegen, die schon seit Monaten oder gar Jahren nicht mehr verwendet wurden. Und das Bearbeiten einiger Gigabyte in einem Verzeichnis, das schon mehrere hunderttausend Einträge hat und deshalb sowieso ineffizient ist, führt zu einer sehr deutlich wahrnehmbaren Kratzerei der Festplatte und dem so frustrierenden Kriechgang des Systems.

Die Quick-and-Dirty-Lösung

Die (gangbare, aber nicht für jeden empfehlenswerte) Quick-and-Dirty-Lösung ist die Deinstallation von Tumbler:

$ sudo apt-get remove tumbler

Danach werden keine Vorschaubilder mehr erzeugt und der Desktop fühlt sich wieder so schnell wie kurz nach der Installation an. Ein Nachteil dieser Vorgehensweise ist allerdings… dass keine Vorschaubilder mehr erzeugt werden, weder für den Dateimanager noch für den Bildbetrachter Ristretto noch für irgendein anderes Programm, das auf den DBus-Vorschaubilddienst aufsetzt. Wer damit leben kann, lebt gut, und zum Verwalten größerer Bildersammlungen…

$ sudo apt-get install gthumb

…gibt es wahrlich bessere, schlankere und schnellere (allerdings auch etwas altbacken daherkommende) Werkzeuge. 😉

Die minimalinvasive Lösung

Für viele Nutzer wird es jedoch sinnvoller sein, weiterhin Vorschaubilder zu haben und – anstelle der Distributoren, die sich einen Scheiß um Anwender zu kümmern scheinen – selbst Sorge dafür zu tragen, dass diese sinnlose Ausbremsung des Computers aufhört.

Das kann man einfach von Hand machen, indem man selbst daran denkt, immer wieder einmal das gesamte Verzeichnis ~/.thumbnails zu löschen. Man könnte sich aber auch einfach ein kleines Shellskriptchen schreiben, das alle Dateien löscht, die in den letzten sieben Tagen nicht verändert wurden…

#!/bin/sh
PATH=/bin:/usr/bin
THUMBNAIL_DIR=~/.thumbnails
find "$THUMBNAIL_DIR" -mtime +7 -print0 | xargs -0 rm -f

…und dieses Skript täglich über die crontab aufrufen lassen. Oder, wenn es keine so gute Idee ist, eine Ausführung zu einer bestimmten Uhrzeit zu veranlassen, auch beim Start des Xfce – das geht über die Einstellungen unter »Automatisch gestartete Anwendungen« in »Sitzung und Startverhalten« und erfordert nicht das Editieren einer crontab, sondern nur ein bisschen Mausgeschiebe.

Wie man es auch macht: Das Problem mit den minutenlangen Kratzorgien auf der Festplatte tritt nicht mehr auf, und übrigens fühlt sich auch der Dateimanager schneller an. Letzteres ist gar nicht so erstaunlich, weil der Zugriff auf die Cache-Datei aus einem Verzeichnis mit mehreren hunderttausend Dateien nicht gerade performant ist.

Abschließendes

Gruß auch an die Beglücker von freedesktop.org, die uns allen nicht nur die Freude an einem flexiblen und leicht verständlichen Betriebssystem gründlich verhageln, sondern unbrauchbaren Strokelschrott auf sehr viele Anwender loslassen, die sich nicht selbst zu helfen wissen, wenn sie derartige Probleme mit dem Schrott bekommen. Ich möchte nicht wissen, wie viele unnötige Neuinstallationen allein auf das Konto dieses einen Problems gingen, als davon genervte Linux-Neulinge den folgenden Gedanken gedacht haben: »Mein System wird immer langsamer, was mache ich da mal? Mit Windows konnte ich das Problem durch Plattmachen und Neuinstallieren lösen, das geht hier bestimmt auch« – und tatsächlich, das funktioniert auch. Man kann Mücken mit dem Vorschlaghammer erschlagen. Ich habe eben gerade erst eine derartige (und nach einem kleinen rm -rf ~/.thumbnails sich als völlig unnötig erweisene) Neuinstallation verhindert. Hoffentlich wird dieser kleine Text von vielen anderen Betroffenen gefunden.

Die halbe Stunde meiner beschränkten Lebenszeit, die mir das Eingrenzen und Beheben dieses Problems gekostet hat, bekomme ich leider weder von Canonical noch von freedesktop.org zurück. Auf das Schreiben eines Bugreports, der sofort zugemacht wird, weil es sich nicht um einen Bug handelt, verzichte ich – bei Canonical gibts scheinbar wichtigere strategische Ziele als das Erstellen einer Linux-Distribution, die ihre Anwender nicht zu Scheiße nervt.

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3 Antworten zu Ubuntu Annoyances, Teil 17392

  1. cassiel sagt:

    Unter Debian habe ich dieses öminöse .thumbnail Verzeichnis auch gefunden. tumbler war nicht installiert. und die ältesten Dateien waren von 2008. Scheint so als benutzen das auch noch andere Programme als wilde Müllkippe …

  2. Zeddi sagt:

    Ich bin aus solchen und vielen anderen gründen vor ein paar Monaten auf gentoo geschwenkt – seit dem macht Linux wieder spaß 😀

  3. Ulrich sagt:

    Super Tipp! Hat mich inspiriert. Hatte 2,3 GByte an Müll und danach nur noch 27,8 MByte.
    Ich benutze z.Zt. Xubuntu 14.04.2 LTS (trusty; Versionsausgabe mit lsb_release -a)

    Eine weiter Möglichkeit der Automation ist bei mir, die Zeilen…

    PATH=/bin:/usr/bin:$PATH
    THUMBNAIL_DIRL=~/.thumbnails/large
    THUMBNAIL_DIRN=~/.thumbnails/normal
    find »$THUMBNAIL_DIRL« -mtime +7 -print0 | xargs -0 rm -f
    find »$THUMBNAIL_DIRN« -mtime +7 -print0 | xargs -0 rm -f

    …in die Datei ~/.profile *) einzufügen. Man beachte… :$PATH …am Ende der PATH-Deklaration!

    Diese dann abspeichern und evtl. gleich mit… $ source ~/.profile …im Terminal ausführen lassen.
    ~/.profile wird bei jedem Shell-Start einmal automatisch ausgeführt.

    Ohne diese »PATH« – Änderung verweigert der Window-Manager bei mir den Zugang mit ständiger Passwortabfrage.

    In ~/.thumbnails/fail befindet sich die Directory gnome-thumbnail-factory.
    Ich habe diesen Pfad erst mal ausgelassen, denn ansonsten gibts beim Systemstart eine Fehlermeldung.

    *) evtl. vorher im Dateimanager mit STRG H versteckte Dateien anzeigen.

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